Sofortprogramm Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen

Berlin ist aufgrund der Versäumnisse der Wohnungspolitik des Berliner Senats in den letzten 15 Jahren mit einem Mangel an Wohnraum konfrontiert, der zu einer stark verminderten Mobilität am Wohnungsmarkt geführt hat und Wohnungssuchende stark belastet. Zudem sind die Kosten des Wohnens und der Eigentumsbildung stark gewachsen.

Im Fall einer Regierungsbeteiligung strebt die FDP Berlin zunächst Sofortmaßnahmen an, um den Wohnungsmarkt mittelfristig zu entlasten, die Mobilität am Wohnungsmarkt wiederherzustellen und die Eigentumsbildung für breite Bevölkerungsschichten zu erleichtern.

Ziele:

  • Mobilität am Wohnungsmarkt wiederherstellen, Mieten nachhaltig stabilisieren
  • Planen, Genehmigen und Bauen durch Taskforce „Planen, Bauen, Wohnen“ vereinfachen
  • Neubau und Eigentumsbildung durch sicheres Investitionsumfeld erleichtern
  • Flächenpotenziale erschließen, Kosten des Wohnens und Bauens senken

Sofort umzusetzen:

Baupotenziale erschließen

Die Versorgung der Berlinerinnen und Berliner mit Wohnraum muss wiederhergestellt werden. Dazu bedarf es einer ausreichenden Fluktuationsreserve von 3 % des Wohnungsbestands, denn nur dieser Zustand gewährleistet eine hinreichende Mobilität von Wohnungssuchenden einerseits und langfristig nur maßvoll steigende Mieten andererseits. Preisdirigistische Maßnahmen unterhalb des gebildeten Preisniveaus hingegen werden das Mietniveau mittel- und langfristig nicht nachhaltig stabilisieren. Starke Mietpreisverzerrungen bei unverändertem oder sich verschlechterndem Angebot führen lediglich zur Mieteindämmung in den betroffenen Objekten oder Segmenten, vor allem aber rufen sie durch nicht marktgerechte Preise Fehlsteuerungen hervor, indem sie kontraproduktiv die Stadtflucht noch verstärken, eine Fehlallokation knapper Wohnflächen herbeiführen und dringend für Wohnungsbau benötigte staatliche Mittel binden.

Der Schwerpunkt der politischen Aktivität muss sich daher vom
Verbieten und Regulieren auf das konsequente Ermöglichen von Wohnungsbau verschieben. Selbst kurzfristig lassen sich so erhebliche Flächenpotenziale erschließen und die Voraussetzungen für mittelfristige Maßnahmen schaffen.

  • „10.000 Dächer-Gesetz“ für Berlin erlassen – Ermöglichen einer generellen Überschreitung der GFZ/GRZ bei DG-Ausbau durch generelle Ausnahme, befristet auf 3 Jahre mit der Option auf Verlängerung um weitere 3 Jahre. Inhalt: DG-Ausbau mit Aufenthaltsräumen regelmäßig im Gesamtumfang eines zusätzlichen Vollgeschosses im innerstädtischen Geschosswohnungsbau zulassen.
  • Erstellen eines stadtweiten transparenten Flächenpotenzialplans (untergenutzte und nicht genutzte Flächen), um Flächen für Wohn- und Gewerbeneubau zu erschließen. Ausweitung von WoFIS und GeFIS auf 10 Wohneinheiten bzw. Äquivalent und Veröffentlichen eines Baulandkatasters gem. § 200 Abs. 3 BauGB
  • Neubauziele der Landeseigenen anheben, mindestens aber ab sofort deren Erfüllung durch Fokussierung der Aktivitäten auf kostengünstigen Neubau sicherstellen
  • Vorrangige und sofortige Umsetzung der in den Sondierungen zu vereinbarenden Neubauzielsetzungen in den StEP 2030-Stadtquartiersbereichen, NIMBY durch qualitativ ansprechende Umfeldgestaltung entgegenwirken
  • Festschreibung eines ambitionierten Hochhausentwicklungskonzepts mit 20 % Belegungsbindung für preisgebundenen Wohnraum anstoßen
  • Einleitung eines Volksentscheids zur Bebauung des Tempelhofer Rands, gepaart mit einer IBA 2030 zur anspruchsvollen Umsetzung städtebaulich ansprechender Planungsziele. Bei positivem Volksentscheid Realisierung erster Bauabschnitte im Jahr 2023
  • Verwertung unbebauter und baureifer Grundstücke durch konsequente Baugebote beschleunigen

Privateigentumsbildung erleichtern

Das Privateigentum und private Initiative – auch in der Form genossenschaftlichen Wohnens – ist der Schlüssel für eine funktionierende Wohnungswirtschaft. Wir wollen es wesentlich breiteren Schichten von Berlinerinnen und Berlinern als bisher ermöglichen, Eigentum zu bilden und damit von ihrer eigenen Leistung mittel- und langfristig zu profitieren. Übermäßige Regulierungen müssen als erstes entfallen, dazu zählt z.B. das Verbot modernisierender Umbauten in selbst genutzten Wohnungen in Milieuschutzgebieten.

  • Mietkaufprogramm bei Wohnungsbaugesellschaften für Menschen mit geringem und mittlerem Einkommen einrichten. Ziel ist es, dass Mieter günstig erstellten Wohnraums langfristig Eigentum erwerben können. Ausrichtung der Wohnungsbaugesellschaften auf das Ziel der kleinteiligen Veräußerung zur Begründung von Wohnungseigentum, um dem Verfassungsziel des Art. 28 Abs. 1 S. 2 VvB nachzukommen
  • Ausweitung der Wohnungsbauförderung der IBB (Eigenkapitalersatzdarlehensprogramm), um es Menschen mit geringem und mittleren Einkommen zu ermöglichen bzw. zu erleichtern, Eigentümer zu werden
  • Modernisierungen in selbst genutzten Wohnungen auch in „Milieuschutzgebieten“ uneingeschränkt ermöglichen (Beispiel: in eigener Wohnung Handtuch-HK anbauen)
  • Wiederherstellen eines verlässlichen Investitionsumfelds für private Investitionen in die Berliner Immobilienwirtschaft – Schaffen von Wohnraum als Dreiklang zwischen privatem, genossenschaftlichem und öffentlichem Wohnungsbau.

Baurecht und Zuständigkeiten vereinfachen

Das Bauen gleicht aufgrund der veralteten Festsetzungen des alten Westberliner Baunutzungsplans, überholter Bebauungspläne und unbeplante Situationen gerade in der Innenstadt, die Ausnahmen und Befreiungen schon für eine ortsübliche Ausnutzung des Grundstücks voraussetzen, jeweils Gängen von Pontius zu Pilatus. Das stellt nicht nur das verfassungsrechtlich garantierte Recht auf das Bauen in Frage, sondern führt zu Verzögerungen und hohen Transaktionskosten, die wertvolle Planungsressourcen binden und letztlich das Bauen und Wohnen verteuern. Es ist daher erforderlich, hier einen großen Wurf zu wagen und das Planungsrecht in der Innenstadt auf neue Grundlagen zu heben, die klare, nachvollziehbare und dem aktuellen Stand angepasste Vorgaben enthalten, innerhalb derer Vorhaben zu genehmigen sind. So werden Bauwillige nicht mehr als lästige Bittsteller, sondern als Anspruchsinhaber behandelt.

  • Aufbau Taskforce „Planen, Bauen, Wohnen“ in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung mit Durchgriffszuständigkeiten durch Neuregelung der Definition übergeordneter Vorhaben des Wohnungsbaus als „Vorhaben von außergewöhnlicher stadtpolitischer und städtebaulicher Bedeutung“ im Sinne des § 4 AZG i.V.m. Nr. 8 ZustKat AZG
  • Kommission „Verbindliches Planungsrecht für die Innenstadt“ einsetzen, um flächendeckende Bebauungspläne zu erlassen. Ziel ist es, rechtssicheres Bauen ohne lange Verfahren regelmäßig ohne Abweichungen zu ermöglichen
  • Einsetzung einer „Bauordnungs- und Verfahrensbeschleunigungskommission“ einsetzen, um Zuständigkeiten zu vereinheitlichen und Verfahren zu beschleunigen
  • BauO Bln entschlacken, möglichst stark an MusterbauO anlehnen mit wenigen klar abgegrenzten landesspezifischen Besonderheiten

Wohn- und Baukosten senken

Die Entwicklung der Bau- und Wohnkosten wurde bisher kaum betrachtet, allenfalls wird darüber nachgedacht, wie nutzungsabhängige Kosten auf die Vermieterseite zu verlagern sind. Wir streben eine schnelle und konsequente Senkung der Bau- und der Wohnkosten an, um das Wohnen sowohl für Eigentümerinnen und Eigentümer als auch Mieterinnen und Mieter und Personen, die Eigentum bilden wollen, kostengünstiger zu gestalten.

  • Einführung einer zwingenden Wohnkostenfolgeabschätzung bei Gesetzesvorhaben
  • Einführung eines einmaligen Grunderwerbsteuerfreibetrags auf den Kaufpreis der ersten, selbstgenutzten Wohnimmobilie von 750.000 Euro schaffen
  • Einführen von Typengenehmigungen in die Landesbauordnung entsprechend § 72 a MBO mit dynamischer Übernahme von erteilten Typengenehmigungen anderer Länder
  • Prüfung einer nachhaltigen graduellen Absenkung der Grundsteuer auf Wohnflächen
  • Erhöhen von Anreizen für dezentrale Energieerzeugung und -speicherung in Wohn- und Gewerbeobjekten statt Solarpflicht
  • Vorrangige Weitergabe von Kostensenkungen öffentlicher Versorger an die Bürgerinnen und Bürger statt Zuführung an den Gesamthaushalt

Förderung auf Bedarf konzentrieren

Die Berliner Wohnungspolitik darf die erheblichen zur Verfügung stehenden Mittel nicht mehr vorrangig auf kurzfristig nur in Teilen wirksame, aber zu Fehlsteuerungen führende Maßnahmen verwenden. Diese Gelder werden künftig darauf konzentriert werden, das Schaffen neuen Wohnraums in allen Segmenten zu befördern und tatsächlich Bedürftige subjektorientiert durch ein ausgeweitetes Wohngeld zu fördern.

  • Sofortige Prüfung der Fehlbelegung landeseigenen Wohnraums und Erstellen eines Korrekturplans innerhalb von 2 Jahren zur nachfolgenden Umsetzung
  • Entlastungsmittel statt in Vorkäufe ab sofort in preisdämpfenden Neubau umlenken
  • Belegungsrechtsankauf für langfristige Wohnungsbelegungen bei Privaten prüfen
  • Reform des Wohngelds vorantreiben, um kurzfristige Effekte subjektorientiert abzumildern. Dabei wird der Kreis der Anspruchsberechtigten auf Bedürftige mit mittleren Einkommen ausgeweitet
  • Den „Mietendeckel“ lehnen wir ab und werden ihn – sofern auf Bundesebene beschlossen – in Berlin nicht implementieren, um Investitionen zu incentivieren. Überprüfung der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit des Bundes-Mietendeckels

Digitalisierung des Bauprozesses und des Wohnens

Die Digitalisierung und die Verfügbarkeit schneller breitbandiger Anbindungen ist der Schlüssel zum Bauen, Wirtschaften und Wohnen der Zukunft. Das bauordnungsrechtliche Verfahren ist noch weitgehend analog, was sich innerhalb der nächsten Legislaturperiode ändern muss. Das ermöglicht nicht nur eine bessere Zusammenarbeit der Baubeteiligten mit den Behörden, sondern auch eine schnellere und für Antragstellerinnen und Antragsteller transparente Bearbeitung der Behördenbeteiligungen. So werden Verfahren schneller und Nachfragen nach dem Stand der Angelegenheiten erübrigen sich.

  • Volldigitales Bauverfahren entschieden vorantreiben, Umsetzung innerhalb dieser Legislaturperiode im Zuge des landesweiten Verwaltungsdigitalisierungsprogramms der für Digitalisierung zuständigen Senatsverwaltung
  • Schnelle und vorrangige Ertüchtigung des aktuellen Einsichtsportals für Bauverfahren hin zu einer echten bidirektionalen Schnittstelle zwischen Bau- und Planungsbeteiligten einerseits und Behörden andererseits anstoßen
  • Anbindung sämtlicher Neubauten an Glasfaserinfrastruktur statt landesgesetzlicher Solarpflicht vorsehen und weiträumige Erschließung fördern