Die Berliner Luft – Fortschreibung des Luftreinhalteplans 2018-2025 wissenschaftlich fundiert begleiten und mangelhafte wissenschaftliche Fundierung der bestehenden Stickoxidgrenzwerte berücksichtigen

Die FDP Berlin unterstützt sinnvolle Bemühungen zur Verbesserung der Luftqualität in der Stadt und zum Erhalt der bereits erreichten Ergebnisse bei der Verringerung von Luftschadstoffen.

Dabei ist die Fortschreibung des Luftreinhalteplans 2018-2025 ein geeignetes Instrument, um fundiert und nachvollziehbar auf die verbliebenen Problembereiche zu reagieren, um die Gefahr von Erkrankungen und Beschwerden der Menschen zu verringern und die Luftqualität in der Stadt weiter zu verbessern.

Die aktuellen und durchgehend öffentlich nachvollziehbaren Daten des Berliner Luftmessnetzes „BLUME“ zeigen, dass es Ziel sein muss, die Unterschreitungen der relevanten Grenzwerte dauerhaft zu bewahren. Im Bereich des durchschnittlichen Jahreswertes für Stickstoffdioxid (NO₂) muss als letztes offenes Ziel der bestehende durchschnittliche Langfrist-Grenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft auch an den letzten Messstellen erreicht werden. Dies betrifft fünf von sechs Messstellen an ausgewählten Hauptverkehrsstraßen. Diese Anzahl von Messstellen ist allerdings viel zu gering, um zuverlässige Aussagen über die lokale Luftqualität zu treffen oder gar Fahrverbote zu begründen. Die FDP Berlin fordert deshalb, deutlich mehr Messstellen einzurichten.

Die Debatte um die wissenschaftliche Fundierung der Grenzwerte für NO₂ hat erwiesen, dass diese eben nicht wissenschaftlich fundiert zustande gekommen sind und zudem bloß als Richtwert mit dem ausdrücklichen Hinweis auf die mangelhafte wissenschaftliche Grundlage empfohlen wurden. Tatsache ist jedoch, dass die bestehenden Grenzwerte in ordentlichen Rechtsetzungsverfahren zustande gekommen und somit gültig sind. Grenzwerte sind jedoch immer im engen Zusammenhang mit zugehörigen Messvorschriften, Vorschriften zur Aufstellung von Messstationen und angemessenen Messtoleranzen zu betrachten. Nur korrekt gemessene Werte können auch für politische Entscheidungen herangezogen werden.

Eine Änderung ist daher nur durch ein neues Rechtsetzungsverfahren möglich. Es ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Akzeptanz der Grenzwerte massiv gelitten hat. Daraus folgt, dass jede Maßnahme im Luftreinhalteplan sich besonders an Kriterien der Verhältnismäßigkeit und der allgemeinen Akzeptanz orientieren muss. Vor einschränkenden Regelungen gegen den motorisierten Individualverkehr (z. B. Tempo-30-Zonen) oder einzelne Kfz-Klassen (Fahrverbot für bestimmte Diesel-Fahrzeuge) müssen zwingend alle anderen Mittel geprüft, bewertet und vorrangig umgesetzt werden.

Die FDP Berlin fordert, dass mehr wissenschaftlicher und externer fachlicher Sachverstand eingebunden wird. So befasst sich beispielsweise das Fraunhofer-Institut in seinem Projekt „Morgenstadt“ mit der langfristigen Balance zwischen ökologischen, ökonomischen, technischen und sozialen Entwicklungen einer nachhaltigen Stadt. Im Morgenstadt City-Index für Berlin sind dabei Aspekte zusammengetragen, aus denen sich politische Rahmenbedingungen und Handlungsoptionen ableiten lassen. Das bisherige Verfahren zur Erarbeitung der Fortschreibung des Luftreinhalteplans lässt nicht erwarten, dass der Luftreinhalteplan vorbehaltlos und sachorientiert fortgeschrieben wird. Die dilettantische und mit tendenziös formulierten Suggestivfragen gespickte öffentliche Online-„Befragung“ ist die Mühe nicht wert gewesen. Bei nur rund 480 Teilnahmen und mehr oder weniger vorprogrammierten Antwortschemata gehört sie in den digitalen Schredder.

Die FDP Berlin fordert daher bei der Fortschreibung des Luftreinhalteplans eine ganzheitliche Betrachtungsweise im Sinne der Luftreinhaltung und der Vermeidung von Treibhausgasen und nicht eine einseitige Benachteiligung des Individualverkehrs. So ist zwingend der öffentliche Nahverkehr (Nachrüstung BVG-Busse, Städtischer Fuhrpark, BSR) und der Schiffsverkehr auf den Berliner Kanälen mit einzubeziehen. Weiterhin fordert die FDP Berlin Aspekte wie Relevanz der Messungen, Verlagerungseffekte zu berücksichtigen.