Europa ist mehr wert – Die Europäische Union als Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts stärken

Die Europäische Union ist das größte politische Erfolgsprojekt des 20. Jahrhunderts. Nach zwei vernichtenden Weltkriegen ist der Europäische Einigungsprozess auf den Werten der Freiheit, der Demokratie, der Gleichheit, der Rechtsstaatlichkeit und der Wahrung der Menschenrechte gegründet worden und hat uns Frieden und Wohlstand gebracht. Diese Erfahrung zeigt: Wenn wir gemeinsame Lösungen für grenzüberschreitende Probleme finden, können wir Europa stärken. Wir Freie Demokraten sind überzeugte Europäer:

Wir stellen uns entschieden gegen Renationalisierungstendenzen von Links wie Rechts.

Wir wollen den Europäischen Integrationsprozess mitgestalten. Um auch in Zukunft von Europa zu profitieren, muss europäische Politik sich verändern und den Fokus stärker auf Herausforderungen legen, bei denen der Nationalstaat an seine eigenen Grenzen stößt, auf Herausforderungen, bei denen es einen Mehrwert gibt, wenn die Europäische Union (EU) sich des Problems annimmt.

Wir sind überzeugt, dass die Fokussierung auf diesen Europäischen Mehrwert am besten in einem föderal und bundesstaatlich verfassten Europa verwirklichen lässt. Die Europäische Gemeinschaft soll nur tätig werden, wenn die politischen Ziele besser auf der Gemeinschaftsebene erreicht werden können. Nur so können wir dem Subsidiaritätsprinzip Geltung verschaffen und die Aufgaben klar und entschieden zwischen EU und Mitgliedsstaaten aufteilen (ordnen).

Bei Themen mit Europäischem Mehrwert ist die Souveränität auf europäischer Ebene zu bündeln. Dazu sind nicht alle Länder bereit. Die Weiterentwicklung der EU darf sich aber nicht am skeptischsten Mitgliedsstaat orientieren, sondern muss einer gemeinsamen Vorstellung vom Europäischen Mehrwert entsprechen. Deshalb wollen wir Freie Demokraten verschiedene Möglichkeiten für unterschiedliche Tiefen und Geschwindigkeiten bei der weiteren Integration ausbauen und mehr Gebrauch von der „Verstärkten Zusammenarbeit“ machen.

Die Europäische Union soll nicht alles regeln, aber das, was sie regelt, soll sie richtig regeln. Nur wenn es uns gelingt, den Europäischen Mehrwert zur Richtschnur europäischer Politik zu machen und diesen zu kommunizieren, werden wir das Potential der EU auch in Zukunft nutzen können. Den Anfang wollen wir dabei mit der Stärkung der Europäischen Union als Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts machen.

Den Binnenmarkt vollenden – Raum der Freiheit

Das europäische Friedensprojekt basiert maßgeblich auf der durch Kooperation und Freiheit bestärkten, wirtschaftlichen und kulturellen Interdependenz Europas.

Deswegen setzen wir Freie Demokraten uns für die Vollendung des europäischen Binnenmarktes ein. Für die Bürger Europas bedeutet der Binnenmarkt die Möglichkeit, europaweit zu arbeiten, zu handeln und zu leben. Nur in einem funktionierenden Binnenmarkt finden Unternehmen eine optimale Umgebung, um zu wachsen und international wettbewerbsfähig zu werden. Der Binnenmarkt schafft die Grundlage für einen nachhaltigen und effizienten Einsatz natürlicher Ressourcen, für neue und sichere Arbeitsplätze und die dafür benötigten Fachkräfte. Insbesondere in den Bereichen Digitalisierung, Energie- und Verkehrspolitik sollen bestehende Wettbewerbsbeschränkungen und Hindernisse abgebaut werden. Auch die nationalen Telekommunikationsmärkte müssen für alle europäischen Anbieter geöffnet werden.

Wir wollen die Bildungsfreizügigkeit als neue Grundfreiheit in den europäischen Verträgen verankern. Studierenden, Auszubildenden und Schülerinnen und Schülern in Aus- und Weiterbildung soll es so möglich werden, grenzenlos in der EU zu lernen.

Ebenso wollen wir eine Europäische Koordinierungsstelle schaffen, welche freie Ausbildungsplätze auch an Bewerber und Interessenten aus anderen EU-Mitgliedstaaten vermittelt.

Wir fordern den Aufbau von europäischen Universitäten und Netzwerken, an denen gemeinsame Studiengänge angeboten werden, die in mehreren Ländern (z.B. an insgesamt drei Universitäten in drei verschiedenen Ländern) absolviert werden und die das Studienthema insbesondere aus einer europäischen Perspektive beleuchten. Zudem müssen europäische Schulabschlüsse besser harmonisiert bzw. gegenseitig anerkannt werden.

Die Gestaltung des digitalen Binnenmarktes bietet neue Chancen. Bislang haben die Mitgliedstaaten alle ihren eigenen digitalen Markt mit je unterschiedlicher Regulierung. Doch digitale Märkte machen keinen Halt an nationalstaatlichen Grenzen. Damit Europa im globalen Wettbewerb mithalten kann und Verbraucherinnen von den gemeinsamen Stärken des Europäischen Marktes profitieren können, wollen wir Barrieren abbauen. In einem Binnenmarkt darf es keine Rolle spielen, von welchem Ort aus Verbraucher auf Internetseiten, Streaming-Dienste oder andere digitale Plattformen zugreifen, um einen Kauf abzuschließen. Europa braucht eine Trendwende hin zu Innovation und Investitionen, vor allem im Bereich der Digitalisierung. Dazu gehört insbesondere auch die Digitalisierung der Verwaltung. Künftig muss eGovernment europäischer Standard und Englisch zusätzliche Verkehrssprache in den Verwaltungen der EU Mitgliedsstaaten werden.

Der digitale Binnenmarkt sollte auch die Durchsetzung europäischer Regeln gegenüber den globalen Plattformunternehmen umfassen und die Stärken der europäischen Forschungs- und Entwicklungszentren ausbauen. Gerade im Bereich der Künstlichen Intelligenz sollten wir das Feld nicht China oder den USA überlassen, sondern mit einer Forschungsoffensive dieses Zukunftsthema auch in Europa voran bringen. Unabhängig von der konkreten Bewertung ihrer Umsetzung hat die EU bereits mit der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) beim Umgang mit personenbezogenen Daten globale Standards gesetzt. Wenn sie – gepaart mit gezielten Investitionen – Standards und Regeln für den Handel mit Daten und den digitalen Binnenmarkt insgesamt setzt, kann sie die Weiterentwicklung Künstlicher Intelligenz weltweit prägen.

Zur Vollendung des Binnenmarktes ist es zudem wichtig, das Klima für private Investitionen zu verbessern, den freien Verkehr von Kapital innerhalb der Eurozone weiter zu stärken und gemeinsam öffentliche Investitionen zu fördern. Insbesondere bei letzterem kommt der Europäischen Investitionsbank (EIB) eine entscheidende Rolle zu. Wir wollen die EIB stärken, damit die EU in erster Linie Investitionen fördert, statt nur Subventionen zu verteilen. Die EIB kann mit ihren Ressourcen und ihrer Expertise Investitionslücken füllen, grenzüberschreitende Infrastruktur finanzieren, auf Reformpotential in den Mitgliedsstaaten hinweisen und dazu beitragen, Arbeitsplätze zu schaffen. Die Schaffung der Kapitalmarktunion dient dazu, die Finanzierungsmöglichkeiten für kleine und mittlere Unternehmen in Europa zu erweitern. Dadurch verringern wir die Abhängigkeit einzelner Volkswirtschaften im Euroraum von einigen wenigen nationalen Banken. Gleichzeitig verschaffen wir innovativen digitalen Geschäftsmodellen faire Wettbewerbschancen. Um den Binnenmarkt für Finanzdienstleistungen auszubauen, müssen einheitliche Definitionen für erlaubnispflichtige Bankgeschäfte, Finanzdienstleistungen und Zahlungsdienste geschaffen, das Insolvenzrecht und das Recht der Kreditsicherheiten in den Mitgliedstaaten stärker angeglichen und das Geldwäscherecht für Banken sowie Finanz- und Zahlungsdienstleister voll harmonisiert werden.

Die Freiheit zu handeln beschränkt sich für uns nicht nur auf den Binnenmarkt. Die Europäische Union muss international ein Gegengewicht zu immer stärker werdenden protektionistischen Bestrebungen werden. Zukünftig sollen alle Freihandelsabkommen allein durch ein Mehrheitsvotum des Europäischen Parlaments und des Rates zustande kommen. Die Ausfertigung und Verhandlungen von künftigen Freihandelsverträgen haben vor diesem Hintergrund in größtmöglicher Transparenz gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern der EU zu erfolgen. Eine Ratifizierung durch die nationalen Parlamente soll nicht mehr notwendig sein. Ferner setzen wir uns für einen modernen und transparenten Investitionsschutz ein, in dem das bestehende System aus ad-hoc Schiedsverfahren von bilateralen Schiedsgerichten durch einen ständigen internationalen Schiedsgerichtshof ersetzt wird.

Mit Sicherheit frei – Raum der Sicherheit

Die Zeiten, in denen Bedrohungen nur national bekämpft werden können, sind lange vorbei. Kriminalität war niemals nur lokal oder national begrenzt. Doch Europäische Integration und Globalisierung haben neben überwiegend positiven Ergebnissen auch kriminelles, grenzüberschreitendes Verhalten erleichtert. Die Sicherung der Außengrenzen, die klassische Verteidigungspolitik, aber auch die Sicherung im Inneren lassen sich durch stärkeres europäisches Engagement bewältigen. Hier gibt es einen unverkennbaren Europäischen Mehrwert:

Um organisierter Kriminalität, Terrorismus oder strafbarem Handeln in grenznahen Regionen zu begegnen, braucht es Kooperation auf europäischer und internationaler Ebene. Die im Bereich der innereuropäischen Sicherheit tätigen Agenturen der EU wie die Einheit für justizielle Zusammenarbeit der Europäischen Union (EUROJUST), das Europäisches Polizeiamt (EUROPOL) und die Europäische Polizeiakademie (CEPOL) leisten einen wichtigen Beitrag zum Schutz von grundrechtlich geschützten Rechtsgütern. Wir wollen EUROPOL zu einem Europäischen Kriminalamt ausbauen. Dieses muss bei grenzüberschreitenden Sachverhalten mit wirksamen Ermittlungsbefugnissen die Arbeit der Mitgliedsstaaten unterstützen können. Die Rechtmäßigkeit der Maßnahmen der Behörde ist anhand der EU-Grundrechtecharta zu messen. Im Bereich der Gefahrenabwehr soll EUROPOL die Erkenntnisse verschiedener nationaler und europäischer Behörden zusammenführen, um insbesondere gegen internationale Kriminalität und Terrorismus wirksam zu sein. Wir wollen die europäische Staatsanwaltschaft schnellstmöglich in die Lage versetzen, ihre Arbeit aufzunehmen. Perspektivisch sollen die Aufgaben der europäischen Staatsanwaltschaft auch um Aufgaben bei der Terrorismusbekämpfung erweitert und entsprechende Straftatbestände vollständig harmonisiert werden. Die Nachrichtendienste in der EU sind sowohl für unsere Sicherheit als auch für die außenpolitische Rolle Europas von strategischer Bedeutung. Damit die Kooperation von Nachrichtendiensten in der EU künftig reibungsloser und überprüfbarer wird, soll die Koordination von Nachrichtendiensten künftig in einer eigenen Agentur mit Kontrolle durch das Europäische Parlament stattfinden. In dieser Agentur soll das beim Europäischen Auswärtigen Dienst angesiedelte nachrichtendienstliche Koordinierungsorgan EU Intelligence Analysis Center (EU INTCEN) aufgehen. Um dem Anspruch eines sicheren Europas gerecht zu werden, muss in der Kooperation von Polizei und Nachrichtendiensten auch die Cybersicherheit gestärkt und auf europäischer Ebene strategisch vorangetrieben werden. Dazu sollen vor allem die europäischen Nachrichtendienste ihre Fähigkeit der Spionageabwehr entsprechend der technologischen Möglichkeiten weiterentwickeln.

Wir Freie Demokraten verstehen sichere und geordnete Außengrenzen als Voraussetzung für offene Grenzen innerhalb der Europäischen Union. Dafür wollen wir das Grenzschutzregime der EU stärken. Insbesondere soll dafür die Grenzschutzagentur FRONTEX von der jetzigen zwischenstaatlichen Struktur zu einer echten europäischen Grenzschutzbehörde mit eigenen Handlungsbefugnissen und Personal ausgebaut werden.

Die neue Grenzschutzbehörde soll der EU-Grundrechtecharta verpflichtet und dem Europäischen Parlament gegenüber rechenschaftspflichtig sein und regelmäßig Bericht erstatten. Neben der Sicherung der EU-Außengrenzen soll sie im Ausnahmefall auch Aufgaben der Registrierung von Schutzsuchenden und der Hochseenotrettung im Mittelmeer wahrnehmen. Um weitere Tote durch kenternde Schlepperboote zu verhindern, müssen wir den illegalen Schlepperbanden durch die Schaffung legaler Zuwanderungsmöglichkeiten, Kooperation mit Anrainerstaaten und konsequente strafrechtliche Verfolgung den Boden entziehen.

Zu einem sicheren Europa gehört auch eine stärkere Europäische Zusammenarbeit im Verteidigungsbereich. Wir Freie Demokraten wollen, dass Europa gemeinsam Verantwortung für Frieden, Freiheit und Sicherheit trägt.

Der wegweisende Beschluss von 25 Mitgliedstaaten, die Ständige Strukturierte Zusammenarbeit (PESCO) im Verteidigungs-, Rüstungsentwicklungs- und Beschaffungswesen zu etablieren, ist ein wichtiger Schritt. Wir wollen, dass die beteiligten EU-Mitgliedstaaten das Projekt der Verteidigungsunion mit Leben füllen und gezielt Fähigkeitslücken schließen. Das schließt insbesondere eine gemeinsame Europäische Offiziersausbildung mit ein. Langfristig setzen wir uns für den Aufbau einer Europäischen Armee unter gemeinsamem Oberbefehl mit Parlamentsvorbehalt ein. Dazu streben wir schrittweise eine engere Verzahnung und den Ausbau der gemeinsamen Fähigkeiten der Streitkräfte der integrationswilligen Mitgliedsländer auch im Bereich der Cyber-Defense an. Bei all diesen Schritten muss parallel die gemeinsame Handlungsfähigkeit (Interoperabilität) mit Kräften und Instrumenten der NATO weiter verstärkt werden.

Dazu bedarf es schon heute eines stärkeren finanziellen Engagements Deutschlands und die Verpflichtung der EU Mitgliedsstaaten auf ein Drei-Prozent-Ziel bei den Ausgaben für Verteidigungs-, Außen- und Entwicklungspolitik. In diesem Zusammenhang begrüßen wir, dass mit dem Europäischen Verteidigungsfonds (EVF) erstmals ein finanzielles Anreizsystem für die gemeinsame Entwicklung und Beschaffung von Waffensystemen im europäischen Rahmen geschaffen worden ist.

Mit dem Koordinierten Jahresbericht zur Verteidigung (CARD, Coordinated Annual Review on Defence) besteht zusätzlich ein Mechanismus, mit dessen Hilfe die Mitgliedsstaaten ihre militärische Fähigkeitsentwicklung an den gemeinsamen Bedarf anpassen können. Beide Instrumente müssen genutzt werden, um Dopplungen zu vermeiden und dringende strategische Fähigkeitslücken zu schließen. Nur gemeinsam und in Kooperation mit der NATO kann die EU auch in Zukunft Sicherheit für ihre Bürgerinnen und Bürger garantieren. Um dieses Potential voll auszuschöpfen ist es unerlässlich, die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik durch Mehrheitsentscheidungen, den Ausbau des Europäischen Auswärtigen Dienstes und die Schaffung eines Europäischen Sitzes im UN-Sicherheitsrat zu stärken.

Europäische Bürgerrechte durchsetzen – Raum des Rechts

Die Grundrechte-Charta der Europäischen Union stattet alle Bürger und Bürgerinnen mit unveräußerlichen Rechten aus. Wir wollen dem Versprechen auf unveräußerliche Grund- und Menschenrechte, das mit der EU-Staatsbürgerschaft verbunden ist, wieder in der gesamten Europäischen Union zu Geltung verhelfen. Galt die EU lange als Werte- und Rechtsgemeinschaft, in der alle Mitgliedsstaaten Rechtsstaatlichkeit und Demokratie schützen und fördern, fordern insbesondere die aktuellen Regierungen in Ungarn, Polen und Rumänien mit ihrer Einschränkung der Gewaltenteilung und ihrer Missachtung von Grundrechten und Prinzipien guter Regierungsführung die gemeinsamen Werte der EU heraus.

Wir fordern einen Pakt für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit (PDR), der ähnlich wie der Stabilitäts- und Wachstumspakt im Finanzbereich den Schutz von Demokratie und Grundrechten in der EU sichern soll. In einem Grundwerte-Monitoring sollen die Mitgliedsstaaten regelmäßig durch die Europäische Kommission im Hinblick auf die Achtung der Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und die Wahrung der Menschenrechte hin überprüft werden, wie sie in Artikel 2 des EU-Vertrages als europäische Werte formuliert sind.

Im Falle einer Verletzung der gemeinsamen Werte wird ein Korrekturverfahren durch die Kommission eingeleitet, das bei Nicht-Erfüllung automatisch und ohne Einspruchsmöglichkeit für die Mitgliedsstaaten in ein Sanktionsverfahren im Rahmen von Artikel 7 des EU-Vertrages übergeht. Die Verhängung von Sanktionen – bis hin zum Entzug des Stimmrechts im Ministerrat – erfolgt dabei im Europäischen Rat. Neben der Kommission kann auch das Europäische Parlament bei Verletzung der in Artikel 2 genannten Werte ein Verfahren gegen einen Mitgliedsstaat mit einfacher Mehrheit einleiten. Darüber hinaus muss die Gewährung finanzieller Mittel an Mitgliedstaaten etwa im Rahmen der Kohäsions-, Struktur- und Regionalfonds an die Einhaltung der gemeinsamen Werte, die Wahrung von Bürgerrechten und die Existenz einer rechtsstaatlichen Ordnung mit unabhängiger Justiz geknüpft sein.

Wir treten deshalb dafür ein, dass neben den EU-Rahmen zur Stärkung des Rechtsstaatsprinzips mit seinen Dialogmechanismen und den Sanktionsmechanismen im Pakt für Rechtsstaatlichkeit und Demokratie ein drittes Vorgehen ermöglicht wird, nach dem die Verteilung von Mitteln an die Europäischen Mitgliedstaaten von der Beachtung dieser Werte abhängig gemacht werden kann (Konditionalitätsklauseln). Alle Sanktionsmechanismen im PDR und die Konditionalitätsklauseln müssen so ausgestaltet sein, dass sie nicht durch eine kleine Minderheit von Mitgliedstaaten blockiert werden können. Insbesondere sollen dabei Mitgliedsstaaten, gegen die bereits ein ähnliches Verfahren läuft, von der Stimmabgabe ausgeschlossen sein. Die Europäische Kommission soll zudem die Möglichkeit erhalten, „systemische Vertragsverletzungsverfahren“ einzuleiten, bei dem sie eine Reihe spezifischer Vertragsverletzungsverfahren gegenüber einem Mitgliedstaat bündeln kann, die zusammen ein Muster erkennen lassen, das eine schwerwiegende Verletzung der gemeinsamen Werte nahelegt. Auf diese Weise könnten der Europäische Gerichtshof und die EU-Kommission schneller und wirksamer gegen hartnäckig vertragsverletzende Mitgliedstaaten vorgehen.

Die Europäische Union kann Demokratieförderung aber nicht nur bei ihren Mitgliedsstaaten und den Beitrittsstaaten vorantreiben, sondern muss bei sich selbst anfangen. Das Europäische Parlament muss ein vollumfängliches Initiativ- und Haushaltsrecht sowie Gesetzgebungskompetenz erhalten. Die Wahlen zum Europäischen Parlament sollen künftig mit einem einheitlichen europäischen Wahlrecht mit transnationalen Listen und der grundsätzlichen Möglichkeit von grenzüberschreitenden Wahlkreisen, die nach dem Prinzip „one citizen, one vote“ durchgeführt werden.

Alle Europäischen Institutionen müssen beim eigenen Handeln und bei der Koordination von Mitgliedsstaaten auf die Einhaltung europäischer Werte und der Grundrechtecharta achten und hinwirken. Um die europäische Öffentlichkeit zu stärken, möchten wir europäische und transnationale Medienangebote wie Arte und Euronews gezielt fördern und ausbauen.

Die Verwirklichung der Europäischen Union als Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts ist mehr als ein Ziel für eine europäische Innenpolitik, sondern verdeutlicht den europäischen Mehrwert als Anspruch für zukunftsfähige, europäische Politik.

Europas Klima schützen – Raum für eine lebenswerte Umwelt

Die Europäische Union hat eine Vorbildfunktion im Bereich Klima- und Umweltpolitik. Das im Rahmen der COP 21 von der Weltstaatengemeinschaft beschlossene Klimaabkommen, das die Begrenzung der globalen Erwärmung auf deutlich unter 2°C, möglichst 1,5°C im Vergleich zu vorindustriellen Levels vorsieht, verpflichtet auch die Europäische Union mit ihren Mitgliedsstaaten für die Einhaltung des Pariser Abkommens Sorge zu tragen.

Dazu ist es wichtig, dass sich die EU zur Nachhaltigkeitsagenda der Vereinten Nationen bekennt und die Umsetzung der eigenen Ziele konsequent verfolgt wird und somit die EU und ihre Mitgliedsstaaten gegen die Erderwärmung ankämpfen und in Folge dessen die CO₂-Emissionen europaweit massiv reduziert werden.

Ein wichtiger Baustein dabei ist die Energiewende. Sie muss als gesamteuropäisches Projekt verstanden werden. Klimaverträglichkeit und gesellschaftliche Akzeptanz aber auch Wirtschaftlichkeit und Versorgungssicherheit müssen akzeptierte Ziele dieser Energiewende sein.

Der Aktionsplan der Kommission zur Finanzierung eines nachhaltigen Wachstums stellt dar, wie Nachhaltigkeitsaspekte in ihren finanzpolitischen Rahmen integriert werden können, um Finanzmittel für ein nachhaltiges Wachstum zu mobilisieren.

Der Neuausrichtung des Kapitalflusses hin zu nachhaltigen Investitionen, die dann im Kern

  • die Verringerung der Belastungen für die Umwelt bewirken,
  • die Bekämpfung von Treibhausgasemissionen und Bekämpfung der Umweltverschmutzung beinhalten,
  • Minimierung von Verschwendung und Verbesserung der Effizienz bei der Nutzung natürlicher Ressourcen bewirken,

wird zugestimmt.

Eine lebenswerte Umwelt ist nicht nur für die gegenwärtige Generation, sondern auch für zukünftige Generationen ein hohes Gut. Um eine ökologisch nachhaltige Zukunft zu erreichen, braucht es auch in der Umweltpolitik europäische Lösungen. Dazu bedarf es einer Reform des Emissionshandels. Künftig sollen alle Zertifikate nur noch per Auktion vergeben werden. Zudem müssen die Schwerindustrie und der Verkehr endlich in den Handel aufgenommen werden und mit gleichen Regeln belegt werden. Darüber hinaus muss die Anzahl der Zertifikate stetig und deutlich reduziert werden. Auch sprechen wir uns gegen die Marktstabilitätsreserve aus, welche Zertifikate speichern soll, die bei hoher Nachfrage erneut gehandelt werden sollen. Dieser Mechanismus konterkariert die Bemühungen Emissionen zu senken und bestraft letztlich Unternehmen, die Investitionen tätigen. Die ca. 900 Millionen Zertifikate, die bisher dem Markt entnommen wurden, müssen gelöscht werden. Nur so schaffen wir Anreize, die Unternehmen dazu bewegen, Ressourcen und CO₂ einzusparen und in neue Filtersysteme und saubere Technologien zu investieren.

Wir fordern eine europäische Umwelt- und Klimabehörde, die den Umwelt- und Klimaschutz europaweit koordiniert. Sie soll dafür sorgen, dass „klimanationalistische“ Maßnahmen einzelner Mitgliedstaaten nicht zu Vernachlässigungen beim Klimaschutz anderer führen. Dadurch erreichen wir unsere Klimaschutzziele effizienter und schneller.