Krankenhausstrukturen neu denken

Personalmangel, Zeitnot, Stress und Überlastung. Immer mehr Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen geht das Personal für medizinische und pflegerische Versorgung aus. Dazu bestehen mittlerweile Investitionslücken in Höhe mehrerer Milliarden bei den Krankenhäusern im Land Berlin.

Die Lage der Berliner Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen wird für Patientinnen und Patienten sowie die im Gesundheitswesen Tätigen nicht erst seit Corona Jahr für Jahr immer dramatischer. Der demografische Wandel wird die Situation weiter verschärfen.

In einem durch und durch von kleinteiliger Regulierung, Bürokratie und Planwirtschaft gezeichneten Gesundheitssystem ist die dramatische Lage das Ergebnis eines seit Jahren bestehenden Staatsversagens.

Wir brauchen eine echte Wende hin zu einer patientenzentrierten, nachhaltigen Gesundheits- und Pflegepolitik, die sich am tatsächlichen medizinischen und pflegerischen Bedarf orientiert. Das ist nicht nur gut für die Patientinnen und Patienten, sondern auch für die in der Gesundheitsversorgung Tätigen, die jeden Tag

ihr Bestes zur Versorgung der Patientinnen und Patienten geben. Wir Freien Demokraten wollen die Gesundheitsversorgung und Pflege für die Bürgerinnen und Bürger Berlins deshalb grundlegend neu ausrichten.

Wir Freien Demokraten Berlins fordern:

Die Berliner Krankenhäuser müssen zum Wohle der Patientinnen und Patienten und der im Krankenhaus Tätigen gut, solide und verlässlich finanziert werden. Das Land Berlin muss daher endlich seinen gesetzlichen Investitionsverpflichtungen nachkommen und angemessene Finanzmittel zur Finanzierung der Krankenhäuser im Haushalt zur Verfügung stellen, um die entstandenen Investitionslücken zu schließen und eine zukunftsfähige, am medizinischen und pflegerischen Bedarf orientierte stationäre Versorgung zu gewährleisten. Eine Ungleichbehandlung von privaten und freigemeinnützigen gegenüber öffentlichen Trägern lehnen wird dabei entschieden ab.

Das Land Berlin muss einen Krankenhausplan aufstellen, der einen deutlichen Schwerpunkt auf maximalversorgende und spezialversorgende Krankenhäuser legt. Basis für den Krankenhausplan soll dabei ein am medizinischen Bedarf ausgerichtetes, gestuftes Versorgungskonzept mit klaren ordnungspolitischen Qualitätsstrukturkriterien für personelle und technische Ausstattung bilden. Kleine Krankenhäuser der Allgemeinversorgung sind konsequent aus dem Krankenhausplan zu nehmen und, entsprechend des regional bestehenden Bedarfs, in für ambulante und pflegerische Bereiche erforderliche medizinische und pflegerische Einrichtungen, beispielsweise zur Erhöhung der Kapazitäten in der Kurzzeitpflege oder als Anlaufstelle für eine ambulante Notfallversorgung umzuwandeln. Im Sinne einer intersektorellen Versorgungsstrukturplanung sollen zukünftig bei der Krankenhausplanung zwingend die bestehende ambulante Versorgungsstrukturen berücksichtigt und zusammen mit der Krankenhausstruktur fortentwickelt werden.

Das Land Berlin soll sich zukünftig im Bundesrat für eine grundsätzliche Novellierung der Krankenhausfinanzierung einsetzen, die einen zeitnahen Übergang weg von der 1972 eingeführten dualen Krankenhausfinanzierung hin zu einer monistischen Finanzierung schafft, um eine nachhaltige, verlässliche, vom Landeshaushalt unabhängige, bedarfsgerechte Finanzierung der stationären Versorgung zu ermöglichen und die Sektorengrenze zwischen ambulantem und stationärem Versorgungsbereich abzubauen. Eine zukünftige Vergütung medizinischer und pflegerischer Leistungen muss Sektoren unabhängig und bedarfs- sowie qualitätsbezogen erfolgen. Die Leistungsvergütung muss so auskömmlich bemessen sein, dass hiervon auch mittel- und langfristige Investitionen, beispielsweise zur digitalen Transformation und Klimaneutralität unschwer möglich sind. Subventionen und qualitätsfeindliche Sicherstellungszuschläge lehnen wir ab. Mit Einführung der monistischen Finanzierung erfolgt die Krankenhausplanung im Rahmen einer gemeinsamen intersektorellen (ambulant- stationären) Versorgungsplanung durch ein gemeinsames Gremium aus Vertretern des Landes, der Kassenärztlichen Vereinigung, der Landesverbände der Krankenkassen sowie der Ersatzkassen und der Landeskrankenhausgesellschaft (gemeinsames Landesgremium nach § 90a SGB V).

Die Schichtarbeit in medizinischer und pflegerischer Versorgung muss zukünftig besser honoriert werden. Die im Gesundheitswesen Tätigen, die Schichtarbeit in der medizinischen und pflegerischen Versorgung leisten, müssen deshalb spürbar finanziell entlastet werden (Mehr Netto vom Brutto). Die Einkommensteuer und Sozialversicherungsbeiträgen für Nacht-, Sonntags-, und Feiertagsarbeit in der medizinischen Versorgung und Pflege müssen deshalb erheblich reduziert werden.

Zur Vermeidung von Personalüberlastungen, zur Steigerung der beruflichen Attraktivität der stationären Pflege und zur Gewährleistung von Versorgungsqualität soll in der stationären medizinischen und pflegerischen Versorgung der Übergang zu einem 6,25h-Schichtsystem mit angemessenen Ruhe- und Erholungszeiten geprüft werden.

Das Land Berlin soll in geeigneten stationären Einrichtungen zunächst ein entsprechendes Modellprojekt initiieren und wissenschaftlich begleiten lassen.

Das Land Berlin soll Modellprojekte zum Abbau der Grenze zwischen dem stationären und ambulanten Versorgungsbereich sowie zur Prävention und Früherkennung zusammen mit den Landeskrankenkassenverbänden fördern, auch um mittel- und langfristige Wirtschaftlichkeitsreserven zu heben und nachhaltigen Einsatz begrenzter Ressourcen zu gewährleisten. Die Hürden des Landeskrankenhausgesetzes zur einrichtungsübergreifenden Nutzung von Versorgungsdaten in der medizinischen Versorgung und Forschung müssen vollständig abgebaut werden. Die Auftragsdatenverarbeitung Dritter für die Krankenhäuser muss ermöglicht werden. Die gesetzlichen Möglichkeiten der EU-DSGVO für eine bessere Datennutzung müssen umfassend genutzt werden.