Kultur. Kreativität. Wirtschaft. Die schöpferische Stadt stärken (AGH-Wahlprogramm 2016)

Berlin ist wegen seiner Kulturgeschichte, seiner kulturellen Vielfalt und seiner Internationalität durch seine Künstler, Orchester, Opernhäuser, Theater, Museen, Dirigenten, Designer, Architekten oder Fotografen eine der führenden Kulturmetropolen der Welt und ein Magnet für Kulturschaffende und Kreative aus aller Welt.

Die kulturelle Vielfalt als wesentlicher Teil der Attraktivität dieser Stadt darf nicht als selbstverständlich angenommen werden. Berlin muss eine der führenden Kulturmetropolen Europas und der Welt bleiben. Dieses Alleinstellungsmerkmal gilt es zu bewahren, fortzuentwickeln und zu fördern. Deshalb sind konkrete Maßnahmen zu ergreifen, die die Bedeutung der Kultur als wesentlichen Teil der Attraktivität unserer Stadt sicherstellen.

Staatliche Ausgaben für Kultur dürfen nicht als bloße Alimentierung des kulturellen Lebens verstanden werden. Sie sind vorrangig eine Investition in Bildung und zugleich eine Förderung des Tourismus als einer der wichtigsten Wirtschaftsfaktoren der Stadt. Die Ausgaben für den kulturellen Sektor fließen somit um ein Vielfaches wieder in Form von Steuereinnahmen an den Staatshaushalt zurück.

Kulturelle Bildung

Wir wollen die Qualität und Quantität des Berliner schulischen Kunst- und Musikunterrichts deutlich verbessern. Wir fordern, dass dieser Unterricht endlich von ausgebildeten Fachlehrerinnen und -lehrern erteilt wird.

Wir fordern, dass jedem Kind die Chance eröffnet wird, ein Instrument zu lernen. Die Finanzierung sollte möglichst über Sponsoring oder Stiftungsarbeit geleistet werden.

Wir setzen uns dafür ein, Berlin als Standort für künstlerische Ausbildungen zu stärken. Dazu wollen wir die Lehre an den Berliner Hochschulstandorten so ausstatten, dass diese weltweit attraktiv bleiben.

Kulturförderung und -finanzierung

Die öffentlichen Mittel zur Kulturförderung müssen intelligent und verantwortungsvoll eingesetzt werden sowie Planungssicherheit schaffen. Hierfür braucht Berlin ein klares Konzept, das bestimmt, was auf welche Weise nach welchen Kriterien gefördert werden soll. Dazu sind zunächst die bisherigen Fördermodelle einer kritischen Sichtung und Bewertung zu unterziehen.

Eine Einmischung in künstlerische Inhalte und Programmatik von Kunst und Kultur über das Mittel der Kulturförderung lehnen wir strikt ab: Kunst ist frei und muss frei bleiben.

Wir fordern eine grundlegende Überprüfung der institutionellen und der Projektförderung. Auch hier müssen klare Kriterien für die Aufnahme und das Verbleiben in der institutionellen Förderung und Maßstäbe zur Überprüfung der sinnvollen Verwendung von staatlichen Mitteln gelten. Die Verwendung öffentlicher Fördermittel muss auch im Kulturbereich stets transparent belegt und auf ihre Effektivität hin überprüft werden.

Der Maßstab für eine Förderung kann nur die jeweilige kulturelle Qualität sein. Hierzu gehören neben dem künstlerischen Wert auch Parameter wie Einzigartigkeit, Zukunftsorientierung, innovative Kraft und Förderung der Imagebildung Berlins. Hierzu gehört auch, überlebte Institutionen zur Disposition zu stellen.

In diesem Zusammenhang ist auch die „quasi-institutionelle“ Förderung von vielen kulturellen Berliner Einrichtungen durch regelmäßige Projektförderung aus diversen Haushaltstöpfen in Zukunft entweder durch eine institutionelle Förderung zu ersetzen oder einzustellen. Eine versteckte institutionelle Förderung durch Schattenhaushalte wie die Lottogesellschaft Berlin oder den Hauptstadtkulturfonds muss beendet werden. Diese Mittel dürfen nur für gesondert definierte einzelne Projekte verwendet werden.

Wir wollen den Anteil ganz in privater Trägerschaft befindlicher und unternehmerisch geführter Kultureinrichtungen steigern. Wir fordern, dass in Kooperationen mit Eigentümern, vermehrt Flächen für Graffitis bereitgestellt werden.

Die Finanzierung durch den Kulturhaushalt muss im Einzelfall genau überprüft werden, damit sie nicht marktverzerrend wirkt.

Keine Kulturorganisation darf sich auf Zusagen der öffentlichen Förderung ausruhen. Es muss eine ständige Verpflichtung jeder Einrichtung sein, auch private Spenden und Sponsorengelder zu akquirieren. Bei öffentlich geförderten Häusern sollen private Mittel die staatliche Grundfinanzierung ergänzen, nicht ersetzen. Die erfolgreiche Einwerbung von Mitteln darf nicht zur Kürzung der öffentlichen Förderung führen.

Die Kultureinrichtungen müssen in die Lage versetzt werden, als eigenständige Einheiten zu arbeiten, ihr Budget zu planen und zu verwalten, ihren Personaleinsatz und -bedarf sowie mittel- und langfristige Investitionen selbst festlegen zu können. Mehr Kompetenzen und Handlungsfreiräume für Kultureinrichtungen ermöglichen es den einzelnen Einrichtungen dann auch, sich besser auf die Bedürfnisse ihrer Besucherinnen und Besucher ausrichten zu können. Im Hinblick auf die großen öffentlich finanzierten Kultureinrichtungen Berlins sollte die Zuordnung als Bundes- oder Landesaufgabe überdacht und der Hauptstadtkulturvertrag ggf. nachverhandelt werden.

Um die positiven Auswirkungen der Kulturszene in der Berliner Wirtschaft verifizieren zu können, wollen wir eine Studie zur sogenannten Umwegrentabilität (positive Auswirkungen des Kulturangebots auf die Einnahmen von Gastronomie, Gewerbe und öffentlicher Hand) initiieren, wie sie z. B. vom Gewandhaus Leipzig bereits durchgeführt wurde.

Kultureinrichtungen

Es ist ein zentrales Bibliothekskonzept für ganz Berlin zu schaffen, das die Teilhabe aller Bürger verbessert. Wir setzen uns für den Neubau der Zentralen Landesbibliothek (ZLB) am Standort der alten Amerika-Gedenkbibliothek ein. Die ZLB muss in ein Bibliothekskonzept für ganz Berlin eingebunden werden, das auch die flächendeckende Verfügbarkeit lokaler Bibliotheken sichert.

Wir begrüßen den geplanten Neubau des Museums der Moderne am Kulturforum. Es muss dabei die Chance genutzt werden, dort nun neue herausragende Architektur zu schaffen und die städtebaulich verfahrene, öde Situation am Kulturforum endlich so zu beheben, dass es in Zukunft eine einladende und attraktive Umgebung für Kunstinteressierte bietet.

Berlin hat drei Opernhäuser von hohem Rang. Diese gilt es zu erhalten. Die Struktur der Berliner Opernstiftung werden wir im Hinblick auf ihre Wirtschaftlichkeit und die Erreichung der angestrebten Synergieeffekte überprüfen und auf der Grundlage der dabei gewonnenen Erkenntnisse Reformvorschläge entwickeln. Ziel ist es, exzellente Opernhäuser mit internationaler Ausstrahlung in Berlin zu haben. Um den Berlinern einen tieferen Einblick in die Kultur und Geschichte zu geben, müssen künftig Museen, die der politischen und historischen Bildung dienen, kostenfrei werden. Die entfallenden Eintritte können etwa durch ein „Pay What You Want“-System kompensiert werden.

Wir wollen eine Fortschreibung des Gedenkstättenkonzepts: Unsere Ziele sind Forschung zur Aufklärung der Vergangenheit und Vermittlung der Geschichte mit modernen pädagogischen Konzepten mit Bezug auf die universelle Menschenrechtsbildung.

Wir fordern die Erarbeitung und Umsetzung eines Museumskonzeptes des Stadtmuseums zur Darstellung von Berlins Geschichte von Anfang bis heute.

Für die Liegenschaften der Dahlemer Museen sollte ein Nachnutzungskonzept entwickelt werden. Kurzfristig müssen die Bestände vor dem Verfall gesichert werden.

Die Friedrichswerdersche Kirche soll als Ausstellungshaus der Nationalgalerie wiederhergestellt werden. Es ist abzusichern, dass sie nicht weiter durch Baumaßnahmen im Umfeld gefährdet wird.

Um den politischen Handlungsbedarf zu umreißen, fordern wir die umfassende Bestandsaufnahme des baulichen und konzeptionellen Zustands der Kultureinrichtungen sowie die Inventarisierung und Digitalisierung des Kulturbesitzes Berlins.

Kreativwirtschaft

Wir wollen die Kreativwirtschaft als wichtigen Wirtschaftsfaktor für Berlin, der das offene und kreative Klima der Stadt prägt, durch Entbürokratisierung entlasten.

Wir fordern Ausnahmeregelungen vom Lärmschutzgesetz zu schaffen, um dem Clubsterben entgegenzuwirken.